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Bildungsfahrt der Jona Schule Stralsund nach Auschwitz - Ein Bericht


Nun zurück zur Fahrt: Als wir alle nun schon auf dem Weg ins Ungewisse waren, mit ganz vielen Erwartungen und Vorstellungen, verging die Zeit im Fluge, da wir gemeinsam in einem sehr guten Bus mit sehr viel Platz für uns fahren durften. Und wir konnten uns sorglos zurücklehnen, sodass wir oftmals einschliefen, um Kraft für die kommenden Tage zu tanken. Ein Grund für die Sorglosigkeit war garantiert, dass alles von Anfang bis Ende top organisiert wurde.

Als wir in unserem Hotel in der Nähe von Auschwitz ankamen, waren wir trotz der eigentlich gemütlichen Fahrt so erschöpft, dass wir erst am nächsten Morgen bemerkten wie toll die Unterkunft war.
Am Donnerstag konnten wir zusammen das Museum „Stammlager Auschwitz“ besichtigen. Am Anfang, um 7 Uhr, fuhr uns der Busfahrer zum Museum. Als wir ausstiegen, war es sehr nebelig und allgemein war die Luft sehr rauchig - irgendwie passte es zu diesem Ort: das bemerkte ich als wir noch auf unsere zweite Begleitung warteten, die uns die Lager zeigte und uns alles erklärte.

Als wir mit einer Fachbegleiterin durchs Hauptgebäude gingen, das ins Lager führte, war es ein ganz besonderer Moment: man konnte anfangs gar nichts sagen, man stand einfach da und sah das Tor mit dem Schriftzug „Arbeit macht frei“ und ging einfach ganz hindurch. Das war mein erster richtiger Bezug zu den grausamen Geschehnissen dort. Ich versuchte mir vorzustellen, wie es damals war - aber sich so etwas auch nur annähernd richtig vorzustellen ist unmöglich, glaube ich.
Nun besichtigten wir das Lager, wie es „funktioniert hat“ und bekamen viele Informationen über das Leben von allen Beteiligten zu der Zeit, aber die wichtigsten und häufigsten Informationen waren über Einzelschicksale der Opfer, die mittels überlieferter Überreste so beschrieben wurden, wie es wirklich war. Am aller schlimmsten waren für mich die Blocks (Häftlingsunterkünfte), in denen es ganz besonders gerochen hat. Dort waren die Überreste der namenlos verstorbenen Menschen, die hier die Hölle erlebt haben und ihren Seelenschatz vor ihrem Ableben verloren haben. Schlimm war auch als wir Bilder dieser Zeit sahen und erzählt bekamen, dass jeder Arbeiter, der zum Morgenappell da war und bei der Arbeit umgekommen ist, zum Abendappell auch anwesend sein musste. Der Leichnam musste von den anderen Häftlingen immer mitgetragen werden.
Nach diesen unheimlichen Eindrücken fuhren wir zur Mittagspause zurück ins Hotel, damit wir anschließend gleich weiter zur nächsten Tagesstation fahren konnten. Diese Station war das jüdische Gebetshaus, wo uns ein engagierter, ganz junger Mann alles über das Leben der Juden in Auschwitz erklärte, inklusive eines Stadtrundgangs.

Am Freitag ging das Programm straff voran - hätte ich gewusst, was auf uns wartet, hätte ich mehr geschlafen: ich sag nur so viel: 200 Hektar Vernichtungslagerfläche.
Als wir am riesigen Vernichtungslager Birkenau ankamen und am berühmten Tor dieses größten (Außen-)Vernichtungslagers angekommen waren, war es unfassbar als wir im Turm standen: wir konnten fast alles überblicken, aber bis zu den äußersten Grenzen konnte man aufgrund der Weite des Geländes doch nicht sehen. Das Vernichtungslager soll ein Mahnmal sein und ist somit überwiegend original erhalten. Die erste Reihe der großen Baracken war komplett, wie sie damals errichtet wurde, und die „tausend“ Reihen dahinter waren zerbombt - man konnte nur noch die Schornsteine und Fundamente erkennen.
Das Bahngleis, an dem auch die sogenannte Selektierung der Häftlinge stattgefunden hat, ging durch das gesamte Gelände, auf dem sich jeweils links und rechts die beiden Vergasungs- und Krematoriumseinheiten befanden.

Wir hatten den Eindruck, dass wir fast alles erfahren haben, was sich dort ereignet hat, z. B., dass die Ortschaft Birkenau von den Nazis geplündert und abgerissen wurde, dass die Einwohner inhaftiert wurden und mit dem abgerissenen Material die Lager errichten mussten, in denen sie dann später „vernichtet“ wurden. So etwas Grausames kann man sich heute einfach nicht vorstellen.
Wir sind so viel gelaufen und haben trotzdem nur das Wichtigste gesehen, aber die Situation mit den ganz bestimmten Sinneseindrücken, die man erhält, ist einzigartig und nur an diesem Ort erlebbar.

Am Samstag, dem letzten Tag unserer Bildungsfahrt, haben wir Krakau besucht: Es war ähnlich wie der Stadtrundgang in Auschwitz, nur noch anstrengender und mit einer anderen Stadtführerin, der mit uns auch Oskar Schindlers Fabrik, ein bestens aufbereitetes Realmuseum, zeigte. Mit Hilfe des Museums war uns eine Zeitreise möglich, die uns das Leben der Opfer der NS-Zeit in Krakau nahe brachte.

 



Am Ende jedes Tages hatten wir eine Reflexionsrunde mit allen Teilnehmern und mit unserem Begleiter, der die Runde leitete, um uns dabei zu helfen, unsere Erfahrung und Erlebnisse aufbereiten zu können. Die Reflexionsrunden an jedem Abend waren sehr anstrengend, weil die Tage mit all ihren Eindrücken und langen Fußwegen schon so anstrengend waren - wir waren also abends so richtig kaputt und schliefen fast schon im Stehen ein.
Die Tage waren sowohl körperlich wie auch geistig sehr hart - mit tausenden Informationen und Eindrücken, die wir richtig einordnen und verarbeiten mussten. Sobald wir im Bus saßen, der nur uns mit unserem persönlichen Busfahrer die ganze Zeit zur Verfügung stand, schliefen wir - wie am ersten Tag - immer sofort ein.

Auf der Rückfahrt konnten wir alles, was wir aufgefasst haben, nochmal überdenken und unsere Erfahrung „sortieren“ - ein sehr wichtiger Punkt, der wiederum auch nur möglich war, weil alles so toll organisiert war. Wir hatten wirklich die Muße uns in der Nachbereitung während der Busfahrten mit dieser speziellen Vergangenheit auseinanderzusetzen.


Die Erfahrung die jeder für sich mitnimmt und wie er in Zukunft damit umgeht ist jedem selbst überlassen.

 

                                                                  Jannik Hausmann (Klasse 9b)